Das erste Fahnungsfoto der Welt
Fahndungsbilder wie dieses Phantombild werden heute nicht mehr per Hand gezeichnet, sondern am Computer erstellt.
Am 17. März 1908 wurde in der Londoner Zeitung Daily Mirror das Bild eines Mannes veröffentlicht, der einen Tag davor in Paris Juwelen geraubt hatte. Es war das erste Fahndungsfoto er Welt. Aber wie kam es Bild so schnell von Paris nach London?
Zur Übermittlung des Fahndungsfotos wurde erstmals eine neue Technik ausprobiert: die Bildtelegrafie. Was heute dank Fax, Fotohandy und E-Mail eine Selbstverständlichkeit ist, war damals eine Sensation. Man konnte nun nicht nur Wörter, sondern auch Bilder mittels elektrischer Leitungen über viele Kilometer hinweg versenden. Und das innerhalb von nur zwölf Minuten.
In diesem Fall war das schnelle Handeln der Polizei und die Zusammenarbeit mit den Medien ein voller Erfolg! Ein Leser der Londoner Zeitung erkannte den Dieb, der unentdeckt nach England geflüchtet war, auf den ersten Blick. Der Verbrecher konnte umgehend festgenommen werden.
Trotzdem setzte sich das Verfahren der Bildtelegrafie nicht so schnell durch. Zunächst wurde sie hauptsächlich für die Übermittlung von Pressefotos eingesetzt. Erst seit 1928 nutzte auch die Polizei in Deutschland diese Technik um Verbrecherfotos schnell weiterzuleiten.
Warum benötigt man ein Bild vom Verbrecher?
Bereits 1876 gab es das erste Verbrecheralbum, ein Buch, in dem die Fotos von bekannten Straftätern gesammelt waren. Dies Album konnte man Zeugen vorlegen und nicht selten erkannten sie darin tatsächlich einen Wiederholungstäter.
Im Kleinformat hatten die Beamten im Erkennungsdienst dieses Buch sogar unterwegs bei sich. Der Nachteil dieser Alben bestand jedoch darin, dass sie nur im Einzugsbereich eines Polizeipräsidiums genutzt wurden.
Außerdem waren darin schon bald so viele Fotos versammelt, dass es schwierig wurde, die Übersicht zu behalten. Floh der Täter in eine andere Gegend oder gar ins Ausland, konnte er nicht mehr verfolgt werden.
Heute werden die Daten und Bilder von Verbrechern natürlich im Computer gespeichert. Über das polizeiliche Informationssystem für Deutschland INPOL sowie über Europol und Interpol werden solche Daten auch in ganz Europa und weltweit ausgetauscht.
Wozu werden Fahndungsfotos veröffentlicht?
Seit 1908 nutzt man Fahndungsfotos auch, um Hilfe aus der Öffentlichkeit zu erhalten. Noch heute werden Steckbriefe und (Phantom-)Bilder von Gesuchten beispielsweise in der Zeitung, im Fernsehen oder durch Aushänge an Gebäuden verbreitet. Unter dem Motto: Die Polizei bittet um Mithilfe wird nach flüchtigen Straftätern, aber auch nach Zeugen von Gewalttaten gesucht.
Man nennt diese Vorgehensweise auch Öffentlichkeitsfahndung, weil die Öffentlichkeit mit suchen soll. Sie wird in der Regel nur bei schweren Straftaten wie zum Beispiel Entführung oder Mord angewendet.
Was ist ein Phantombild?
Meist ist ein flüchtiger Täter nicht namentlich bekannt und man hat kein Foto von ihm. Oft gibt es Zeugenaussagen, die diese Person mehr oder weniger genau beschreiben.
Deshalb versucht man nun aus all diesen Beschreibungen ein Bild zu rekonstruieren, das den Gesuchten möglichst genau darstellt. Früher waren speziell ausgebildete Grafiker mit dieser Aufgabe betraut, heute erledigt das der Computer.
Ein Grundbild, das den Beschreibungen schon möglichst nahe kommt wird in vielen Details noch angepasst: die Nase etwas schmaler, das Haar dichter und länger, die Lippen schmaler und so weiter.
Phantombilder sind auch dann sinnvoll, wenn man nur sehr alte Fotos eines Gesuchten hat oder wenn man vermuten muss, dass ein Straftäter sein Äußeres absichtlich stark verändert hat. Mithilfe des Computers kann man ein Bild altern lassen oder Brille, Bart, Frisur und andere Merkmale korrigieren.
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