Die Blindschleiche gar keine Schlange?
Kein Wunder, dass Blindschleichen auf den ersten Blick für Schlangen gehalten werden: Ihre Körper sind glatt, schuppig und beinlos. Aber die Blindschleiche ist gar keine Schlange! Sie wird zur Gattung der Echsen gezählt und unterscheidet sich in vielerlei Weise von Schlangen. Warum? Das erfahrt ihr hier.
Alles Reptilien...
Schlangen und Echsen sind so genannte Schuppenkriechtiere und gehören zur Klasse der Reptilien. Ein typisches Merkmal von Reptilien ist ihre panzerartige Haut aus Hornschuppen. Da sie sehr drüsenarm und trocken ist, muss sie regelmäßig erneuert werden. Das erklärt, warum sich Schlangen häuten. Die Körpertemperatur von Reptilien passt sich immer der Umgebung an, in der sie sich aufhalten.
Reptilien pflanzen sich auch anders fort als Säugetiere: sie legen befruchtete Eier, aus denen ihre Jungen schlüpfen. Trotz vieler ähnlicher Merkmale, unterscheiden sich einzelne Reptilienarten stark voneinander. Die Schuppenkriechtiere sind die größte Reptiliengruppe, dazu kommen Schildkröten, Brückenechsen und Krokodile.
Schlangen sind eine Unterordnung der Schuppenkriechtiere, zu der die Blindschleiche nicht gehört. Sie wird hingegen zu einer bestimmten Echsengruppe gezählt, zu den so genannten Schleichen. Schleichen haben keine oder nur verkümmerte Beine und bewegen sich deshalb kriechend fort.
Außerdem sind ihr Schädel und ihr Kiefer nicht so elastisch wie bei Schlangen. Deshalb können sie auch ihr Maul nicht so weit öffnen. Dafür besitzt die Blindschleiche im Gegensatz zur Schlange Ohröffnungen.
Wieso blind?
Der Name Blindschleiche ist etwas irreführend, denn blind ist sie keineswegs. Im Gegensatz zu Schlangen kann sie nämlich ihre Augenlider bewegen, also die Augen auf und zu machen. Der Name wird vom althochdeutschen Wort Plintslicho abgeleitet, was soviel bedeutet wie blendender Schleicher. Damit ist wahrscheinlich die glänzende Hautoberfläche der Blindschleiche gemeint.
Die Bezeichnung könnte aber auch von Blende kommen, so heißen manche Metallerze, die so braun schimmern wie die Haut der Blindschleiche. Nicht zu verwechseln ist die Blindschleiche mit der Blindschlange, einer Schlangenart, die tatsächlich fast blind ist.
Nachwuch
Obwohl die kleine Echse ein Reptil ist, legt sie keine Eier. Stattdessen werden die Jungen lebend geboren. Allerdings läuft das nicht so ab wie bei Menschen und Säugetieren: Die Blindschleichen-Mutter behält die befruchteten Eier bis zur Geburt im Leib. Innerhalb der Eier ernähren sich die Kleinen selbstständig vom Eidotter. Wenn sie vollständig entwickelt sind, platzt die Eihülle und die Jungen schlüpfen aus.
Meistens beträgt die Anzahl der Neugeborenen sechs bis zwölf, es können aber auch mehr werden. Ein schwangeres Weibchen ist dann entsprechend dick und trägt temperaturabhängig etwa drei bis sechs Monate lang. Nach der Geburt sind die Jungen auf sich allein gestellt
Lebensraum und Nahrung
Blindschleichen gibt es in ganz Europa. Am liebsten halten sie sich dort auf, wo es feucht und pflanzenreich ist, zum Beispiel in Wäldern und in Gärten, auf Wiesen oder unter Laub und Steinen.
Besonders im dichten Pflanzenwuchs sind sie in der Lage, sich schnell und geschmeidig hindurch zu schlängeln wie eine Schlange. Aktiv sind sie meistens zur Tages- und Dämmerungszeit. Im Winter fallen sie in Winterstarre, die bis zum Frühjahr andauert. Dann beginnt die Paarungszeit.
Der größte Teil ihrer Nahrung besteht aus Nacktschnecken und Regenwürmern. Manchmal fressen sie auch Insekten und Spinnen.
Eklig?
Du kennst sicher viele Menschen, die sich vor Schlangen fürchten. Auch die Blindschleiche löst mit ihrem etwa 50 Zentimeter langen, glatten und braun-gelben Körper bei manchen Ekel und Unbehagen aus. Oft ist es das Fehlen von Beinen und Füßen, das auf uns Furcht erregend wirkt. Dabei ist die Schleiche völlig harmlos!
Bei Gefahr wirft sie ihren Schwanz ab. Das ist ein Schutzmechanismus, den man Autotomie nennt. Der Schwanz zappelt nach dem Abwurf weiter, um den Feind zu verwirren. Da er aber nicht nachwächst (so wie bei Eidechsen), sollte man die Tiere in Frieden lassen und möglichst nicht versuchen, sie anzufassen oder gar einzufangen.
Unter Artenschutz
Die Blindschleiche ist glücklicherweise noch nicht vom Aussterben bedroht. An manchen Orten steht sie allerdings kurz davor gefährdet zu sein. Die größte Gefahr ist der Mensch: Viele Kriechtiere werden auf Straßen überfahren, durch Rasenmäher getötet oder erschlagen. Darum stehen Blindschleichen unter Artenschutz und dürfen nicht gefangen werden.