Das Reich der Franken und der Aufstieg Karls des Großen
Pippin der Jüngere, der Vater Karls des Großen, war zunächst Hausmeier und wurde später zum König der Franken gewählt. Quelle: © JohannesS
Im Mittelalter gab es verschiedene einflussreiche Adelsgeschlechter in Mitteleuropa. Im frühen Mittelalter besaßen die Merowinger zwar die Königswürde im Frankenreich, jedoch nur auf dem Papier. Die Macht lag in Wirklichkeit bei den Karolinger, zu denen auch Pippin der Jüngere gehörte. Er übte das Amt des Hausmeiers aus, war also Regierungschef des Frankenreiches, das von den heutigen Niederlanden bis Südfrankreich und von der Atlantikküste bis nach Niederbayern reichte.
Man kann den "Hausmeier" mit dem heutigen Bundeskanzler in Deutschland vergleichen. Zwar war damals der König das Staatsoberhaupt - heute ist es der Bundespräsident, die Regierungsgeschäfte übt jedoch der Bundeskanzler beziehungsweise die Kanzlerin aus. Damals tat das der Hausmeier.
Das Frankenreich wird karolingisch
751 wurde Pippin der Jüngere von den Franken zum König gewählt. Damit vereinte er Macht und Titel des Regenten in seinem Hause. Das Amt des Hausmeiers erlosch. Von nun an gab es nur noch das Königsamt. Der Wahl folgte die Salbung durch die Bischöfe, die als Sakrament galt und ihn als 'Erwählten Gottes' auswies.
Am 28. Juli 754 wurde die Salbung auf das gesamte Königsgeschlecht ausgedehnt, als Papst Stephan II. Pippin krönte und sowohl ihn als auch seine Söhne Karlmann und Karl in der Basilika Saint-Denis salbte. Als Pippin starb, wurde sein Herrschaftsbereich am 9. Oktober 768 aufgeteilt: sein jüngerer Sohn Karlmann regierte im südöstlichen Reichsteil, der ältere Sohn Karl der Große erhielt die andere Hälfte.
Karl und Karlmann
Karl soll am 2. April 747 geboren sein. Es gibt aber auch Quellen, die 742 oder 748 als Geburtsjahre angeben. Karlmann kam 751 zur Welt. Groß war Karl nicht nur im übertragenen Sinne. 1,92 Meter maß er, für die damalige Zeit eine stattliche Größe.
Zerstrittene Brüder
Die beiden Königssöhne vertrugen sich nicht, ihre Differenzen waren weniger politischer, sondern persönlicher Natur. Karl ging im Jahr 769 gegen aufrührerische Aquitanier vor. Als sein Bruder ihm die Gefolgschaft verweigerte, besiegte er die Rebellen alleine und beanspruchte auch jenen Teil des Landes, der eigentlich dem Bruder zugestanden hätte. Als sich die Lage 771 so zugespitzt hatte, dass sogar ein Krieg zwischen den verfeindeten Brüdern drohte, starb Karlmann überraschend an einer kurzen schweren Krankheit. So wurde Karl Alleinherrscher, ein Weg, der 29 Jahre später im ersten westlichen Kaiserreich nach dem Ende des Weströmischen Reiches gipfelte.
Weltreich in Trümmern
Nach dem Ende Roms war der Westen des Reiches zerfallen. Zur Zeit Karls lebten in Rom gerade noch 20.000 Menschen zwischen Ruinenfeldern. Konstantinopel, das sich in der Nachfolge Roms sah, hatte mehrere hunderttausend Einwohner. Köln hatte 10.000 Einwohner, dagegen soll Bagdad damals bereits eine Millionenstadt gewesen sein (zum Vergleich).
Karl herrschte also über ein Reich, das am Boden lag. Für die innere Restaurierung des Reiches brauchte Karl die Kirche, ebenso wie die Kirche ihn benötigte, um ihre Interessen zu wahren.
Auf Ersuchen des Papstes eroberte Karl in den Jahren 773 und 774 das Langobardenreich. Bald herrschte er über den größten Teil Italiens mit Ausnahme der byzantinischen Gebiete im Süden. Am längsten dauerte die Unterwerfung und Christianisierung der Sachsen (772-804). In Spanien ging er gegen die Araber vor, musste sich aber unter großen Verlusten seiner Streitmacht zurückziehen.
778 gliederte er das bisher noch weitgehend unabhängigen Bayern in sein Reich ein.
Die Neuordnung der Welt
Im Jahr 800 war Karl der einzige, der über genügend Macht verfügte, das Papsttum zu stützen, und der überzeugte Christ war dazu auch bereit. Umgekehrt stützte Karl sich selbst stark auf die Kirche und benutzte sie, um neu gewonnene Gebiete Untertan zu machen. Er vergab Bischofssitze nach eigenem Gutdünken und hielt bei Bedarf Synoden ab. Die weltliche und die geistliche Macht rückten mit Beginn des 9. Jahrhunderts enger zusammen: Die beiden Schaltzentralen im Mittelalter waren das Papsttum und das Kaisertum.
Karl der Große wird Kaiser
So kam es, dass Papst Leo III. am 25. Dezember 800 den fränkischen König Karl den Großen zum römischen Kaiser krönt. Zu diesem Zeitpunkt herrscht Karl bereits über einen Großteil Europas. West-Rom gegen Ost-RomDer Papst suchte Schutz und Unterstützung bei dem Frankenkönig und nicht beim oströmischen Kaiser. Im Jahr 797 hatte eine von Karls Synoden das Auseinanderbrechen von West- und Ostkirche bewirkt. Mit seiner Kaiserkrönung stellte er den Anspruch, nicht nur über sein Volk sondern über den ganzen Erdkreis zu herrschen und forderte damit Byzanz erst Recht heraus. Nach dem Untergang des römischen Reiches fühlte sich Byzanz als bruchlose Fortsetzung und Rechtsnachfolger des Imperium Romanum. Es dauerte zwölf Jahre bis Byzanz im Frieden von Aachen die Kaiserwürde Karls anerkannten. Im Gegenzug traten die Franken Venedig und Dalmatien an Ostrom ab.
Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation
Karl der Große starb nach 47-jähriger Herrschaft am 28.1. 814 in Aachen. Noch am selben Tag wurde er in der von ihm errichteten Aachener Pfalz beigesetzt. Bei seinem Tod erstreckte sich sein Reich von der Nordsee bis zu den Abruzzen, von der Elbe bis zum Ebro, vom Plattensee bis zur Bretagne.
Um das Leben und Wirken Karl des Großen entstanden nach seinem Tod viele Sagen, unter anderem der Karlszyklus mit dem Rolandslied.
Im Laufe der Zeit nannten die Menschen das Reich heiliges römisches Reich, und später dann sogar heiliges-römisches Reich deutscher Nation.
Erst im August 1806 wird mit dem zweiten Rheinbund ("Confederation du Rhin"), die Auflösung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation eingeleitet.