Astrid Lindgren: Alles begann mit Pippi Langstrumpf
Erst mit 37 Jahren begann Astrid Lindgren zu schreiben. Die Pippi-Geschichten erfand sie für ihre Tochter Karin.
Astrid Lindgren gehört zu den bekanntesten und erfolgreichsten Kinderbuchautoren der Welt. Obwohl die Schwedin erst im Alter von 37 Jahren mit dem Schreiben begann, erreichten ihre Bücher bis heute eine Gesamtauflage von 165 Millionen. Die Kinderbuchklassiker wie Pippi Langstrumpf oder Ronja Räubertochter wurden in mehr als 100 Sprachen übersetzt.
Glückliche Kindheit
Geboren wurde die Autorin am 14. November 1907 als Astrid Anna Emilia Ericsson auf dem Hof Näs am Rand der kleinen Stadt Vimmerby in Smaland/Schweden. Astrid hatte drei Geschwister. Einen Bruder, Gunnar, der ein Jahr älter war als sie. Und sie hatte zwei kleine Schwestern: Stina und Ingegerd. In ihren "Bullerbü"- Büchern hat Astrid Lindgren viele Erlebnisse dieser Jahre festgehalten. Um das rote Bauernhaus herum hatten die Geschwister und ihre Freunde viel Platz zum Spielen. Sie tobten auf Wiesen, in Wäldern, auf dem Heuboden und in Scheunen und hatten viel Spaß dabei.
Modern und unangepasst
Astrid Ericsson war für ihre Zeit aus vielen Gründen unangepasst und modern. Als junge Frau schnitt sie sich als erste Frau in Vimmerby die Haare kurz, trug Jacktes und Ballonmützen. Ihr Talent zum Schreiben war früh ausgeprägt und so begann sie als Volontärin (Auszubildende) bei der Lokalzeitung zu arbeiten – sie war eine der ersten Frauen in diesem Beruf.
Umzug nach Stockholm
Dann wurde Astrid mitten in der Ausbildung schwanger – unverheiratet. Den Vater des Kindes konnte sie nicht heiraten, da er bereits eine Frau hatte. Astrid Ericsson verließ Vimmerby und brachte ihren Sohn im dänischen Kopenhagen zur Welt. Dort gab es das einzige Krankenhaus in Skandinavien, wo eine anonyme Geburt möglich war. Man musste also seinen eigenen Namen und den des Kindsvaters nicht nennen.
Sohn Lasse
Schweren Herzens ließ Astrid Ericsson den kleinen Lars, genannt Lasse, in einer Pflegefamilie zurück. Mit ihrem dürftigen Gehalt als Auszubildende zur Sekretärin konnte sie kaum sich selbst durchbringen. Erst als ihr Sohn vier Jahre alt war, holte sie ihn zu sich nach Stockholm. Hier lernt sie später bei der Arbeit in einem Automobilclub ihren Mann Sture Lindgren kennen, den sie 1931 heiratete. So wurde aus Astrid Ericsson - Astrid Lindgren.
Tochter Karin "erfindet" Pippi
Astrid Lindgrens wohl berühmteste Figur "Pippi Langstrumpf" erblickt durch einen Zufall das Licht der Welt. Ihr zweites Kind, Tochter Karin, lag damals mit einer Lungenentzündung im Bett und wollte ihre Mutter so viel wie möglich bei sich haben. "Erzähl mir von Pippi Langstrumpf!", bat sie eines abends. Den Namen hatte sie sich ganz spontan selbst ausgedacht. Astrid Lindgren begann zu erzählen und erfand immer neue Geschichten, denen bald nicht nur ihre eigenen Kinder lauschten, sondern auch deren Freunde.
Das stärkste Mädchen der Welt
Der Erfolg bei den Kindern ermunterte Astrid Lindgren, einen ersten Buchentwurft von Pippi Langstrumpf anzufertigen. Sie schenkt ihn ihrer Tochter Karin am 21. Mai 1944 zum zehnten Geburtstag und schickt ihn an einen schwedischen Verlag - mit dem augenzwinkernden Zusatz, man möge bitte nicht das Jugendamt informieren. Die Sorge war nicht ganz unberechtigt. Eine Kinderbuchheldin wie Pippi, wild, aufmüpfig, die ohen Eltern lebt und allen Erwachsenen auf der Nase herumtanzt und sich die "Welt macht wie es ihr gefällt", hatte es bis dahin noch nicht gegegeben.
Alle lieben Pippi
Der Verlag lehnte ab, veröffentlichte aber ein Jahr später eine von Astrid Lindgren überarbeite Fassung, in der Pippi einen Seeräuber-Papa in der Südsee und eine Mama im Himmel hat. Zumindest lebt sie so nicht ganz ohne Erziehungsberechtigte, wenn die auch nur aus der Ferne auf sie aufpassen. Pippis Erfolg ist von durchschlagender Wirkung: Das stärkste Mädchen der Welt erobert die Kinderherzen im Sturm und machte Astrid Lindgren nach dem Zweiten Weltkrieg zur bekanntesten Kinderbuchautorin der Welt.
Von Michel bis Ronja Räubertochter
Astrid Lindgren hat viel erlebt. Das kann man auch ihren Büchern anmerken. Ihre glückliche Kindheit, die eigene Unangepasstheit, die frühe Mutterschaft und die damit verbundene vorrübergehende Trennung von ihrem Sohn - all diese Erfahrungen fließen in ihre Erzählungen ein. In Astrid Lindgrens Lieblingsbuch "Michel aus Lönneberga" finden sich Geschichten, die Lindgrens Vater seinen Kindern erzählt hatte. In den Bullerbü-Erzählungen warb sie für ein von Liebe und Verständnis geprägtes Erziehungsideal. Einsamkeit, Isolation, Tod und Abschied stehen mit im Zentrum von "Brüder Löwenherz", "Mio mein Mio" und "Karlsson vom Dach".
Mit Preisen überhäuft
1978 wurde die Autorin in Deutschland mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet. 1994 erhielt sie den Alternativen Nobelpreis. Sie setzte sich nach dem Ende ihrer schriftstellerischen Arbeit vor allem für einen besseren Tierschutz ein. Weitere Preise: Internationaler Jugendbuchpreis - Hans-Christian-Andersen-Medaille - Große Goldmedaille der Schwedischen Akademie - Schwedischer Staatspreis für Literatur - Deutscher Jugendliteraturpreis.
Eine lebensfrohe alte Dame
Bis ins hohe Alter kletterte Astrid Lindgren - sehr zum Vergnügen der Fotografen - auf Bäume, spielte mit ihren Urenkeln, reiste, gab Interviews und antwortete ihren Fans aus aller Welt. 1999 wurde Astrid Lindgren zur beliebtesten Schwedin des Jahrhunderts gewählt. Im Kreis ihrer Familie starb Astrid Lindgren am 28. Januar 2002 im Alter von 94 Jahren in ihrer Wohnung in Stockholm. Zehntausende Menschen säumten damals den Trauerzug durch die schwedische Hauptstadt Stockholm. Hinter dem Sarg gingen ein Mädchen und ein weißes Pferd.
Aus Sicht der Kinder erzählt
Durch ihre Geschichten und Figuren bleibt Astrid Lindgren unsterblich. Die Bücher von Pippi, Lotta, Madita, Michel, Ronja, den Brüdern Löwenherz und wie sie alle heißen, haben bis heute einen festen Platz in den Bücherregalen der Kinder. Warum? Astrid Lindgrens Bücher sind deshalb so besonders, weil sie aus der Sicht der Kinder erzählt werden. Oder wie Astrd Lindgren einmal selbst gesagt hat: „...ich denke immer nur an das Kind in mir, wenn ich schreibe.“
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