"Aida": Verdis berühmte Ägypten-Oper
"Aida" - die meistegespielte Oper der Welt - spielt im alten Ägypten und wurde sogar schon in Luxor vor den berühmten Pyramiden aufgeführt.
Was hat Giuseppe Verdi mit dem Suezkanal zu tun? Und warum gibt es in Kairo ein italienisches Opernhaus? Klingt ganz schön seltsam, oder? Aber zwischen all dem besteht tatsächlich ein Zusammenhang. Am 24. Dezember 1871 fand in der ägyptischen Hauptstadt die Uraufführung der Oper Aida statt. Wir wollen euch erzählen, wie das Meisterstück des italienischen Komponisten in das Land der Pharaonen kam.
Der der damalige ägyptische Vizekönig, Khediven Ismail Pasha bewunderte Europa und seine Kultur sehr. Seinen Reichtum setzte der spendable Herrscher dafür ein, auch in seinem Land europäische Standards zu errichten: ein weitverzweigtes Eisenbahnnetz, den Suezkanal, der den Golf von Suez mit dem Mittelmeer verbinden sollte, und das erste afrikanische Opernhaus.
Ägyptische Legende als Opernstoff
Zur gebührenden Einweihung seines Musentempels wünschte sich der Adelige eine Oper ägyptischen Inhalts, die aber in Europa komponiert werden sollte. Zeitgleich mit der Uraufführung sollte auch die Eröffnung des Suezkanals stattfinden. Eine stoffliche Vorlage für die Oper war schnell gefunden: die sagenumwobene Liebesgeschichte zwischen dem ägyptischen Heerführer Radames und der wunderschönen Tochter des gefangenen äthiopischen Königs Aida - niedergeschrieben von dem französischen Ägyptologen Auguste Mariette. Pashas Wunschkomponist war der von ihm verehrte Star der italienischen Oper, Giuseppe Verdi.
Verdi fordert Top-Gage
Der Komponist zeigte großes Interesse an dem Projekt. Waren doch exotische und orientalische Themen in Europa damals groß in Mode. Doch dafür sollte Pasha tief in die Tasche greifen. Der schon zu diesem Zeitpunkt berühmte und umworbene Italiener forderte für seine Komposition 150.000 Franken - eine für damalige Verhältnisse unglaublich hohe Gage für ein Auftragswerk. Außerdem wollte er sein Honorar in Gold, um Währungsschwankungen in diesen wirtschaftlich unsicheren Zeiten zu umgehen.
Opernhaus ohne Aida eingeweiht
Nachdem man sich geeinigt hatte, ging alles ganz schnell. Verdi nahm den Vertrag im August 1870 an, vier Monate später war die Musik zu dem bestellten Bühnenstück vollendet. Die ursprüngliche Terminplanung konnte wegen der langwierigen Diskussionen allerdings nicht mehr eingehalten werden. Das Opernhaus in Kairo wurde am 6. November 1869 ersatzweise mit Verdis Oper „Rigoletto“ eröffnet. Und auch bei der Einweihung des Suezkanals am 17. November desselben Jahres mussten die Ägypter auf „Aida" verzichten.
Krieg lässt Premiere platzen
Bis es endlich zur lange ersehnten Weltpremiere der Verdi-Oper kam, sollte noch mehr Zeit ins Land gehen als dem ägyptischen Vizekönig lieb war. Im Herbst 1870 schien eigentlich schon alles perfekt: Text und Musik lagen vor, Bühnenbild und Kostüme waren in Paris unter der Leitung von Auguste Mariette angefertigt worden. Doch der drohende Krieg zwischen Preußen und Frankreich machte allen einen Strich durch die Rechnung. Mariette durfte die französische Hauptstadt nicht verlassen, Ausstattung und Kostüme wurden beschlagnahmt und die Uraufführung musste erneut um mehr als ein Jahr verschoben werden. Verdi nutzte die unfreiwillige Pause, um seine Komposition noch einmal zu überarbeiten.
Aida wird zum Welterfolg
Als Aida am 24. Dezember 1871 endlich zum ersten Mal über die Bühne ging, überschlugen sich Publikum und Kritiker vor Begeisterung. Zehntausende von Glückwünschen und Lobesbriefen gingen bei Verdi ein, der bei der Aufführung übrigens nicht anwesend war. Von Ägypten aus trat Aida ihren Siegeszug in die ganze Welt an. Schon 1872 folgte die umjubelte Europapremiere in der Mailänder Scala, zwei Jahre später war die Oper erstmals in Berlin zu sehen.
Meistgespielte Oper
Verdi brach in Aida mit einer lange gehegten Operntradition. Erstmals ordnete ein Komponist den dramatischen Gehalt seiner Komposition dem Text unter und verwendete die Musik vor allem dazu, das Gesagte zu unterstreichen und zu charakterisieren. Eine neue Epoche italienischer Musikgeschichte hatte begonnen. Die Popularität von Verdis Werk ist seit ihrer Premiere ungebrochen. Aida ist die mit Abstand am meisten gespielte Oper der Welt und fester Bestandteil der Festspiele von Verona. Zwei spektakuläre Aufführungen in Ägypten gab es 1912 (bei den Pyramiden von Gizeh) und 1987 (vor dem Tempel von Luxor).