Die deutsche Orientgesellschaft gräbt Babylon aus

Das originale, wieder aufgebaute Tor der Ischtar steht heute im Berliner Pergamonmuseum. Diese Nachbildung wurde ganz in der Nähe der Ruinen von Babylon errichtet.Quelle: © Jukka Palm, Shutterstock

1898 wurde die Deutsche Orientgesellschaft in Berlin gegründet. Einer ihrer Gründer war der Berliner Textilgroßhändler und Kunstliebhaber James Simon. Da er gute Kontakte im Großbürgertum hatte, gelang es ihm innerhalb kurzer Zeit viele wohlhabende Persönlichkeiten für den Verein zu begeistern. Die Finanzierung des ersten Ausgrabungsprojektes war somit schnell gesichert.

Etwa seit 1850 interessierte sich in Deutschland immer mehr Menschen für die Länder der Bibel. Würde man dort noch Reste der alten Kulturen finden, die bezeugen, wie sich das Leben damals abspielte? Aus der Bibel kannte man die alten Namen der Völker rund um Israel wie die Ägypter, Babylonier, Assyrier und Hettiter sowie die zum Teil Jahrtausende alte Städte namens Jericho, Babylon, Assur und Hattusa.

Europäischer Wettbewerb um asiatische Kunstschätze

Engländer und Franzosen waren den Deutschen schon weit voraus und beherbergten zahlreiche Schätze aus altorientalischen Kulturen in ihren großen Museen wie dem Louvre in Paris und dem British Museum in London. Zur damaligen Zeit betrachteten sich die europäischen Großmächte als Konkurrenten und so drängte es die Deutschen, ihren Nachbarn auch im Bereich der Altertumskunde nachzueifern.

Welche Länder gehören zum Orient?

Der Begriff Orient kommt vom lateinischen Wort oriens für Osten. Er wurde im Lauf der Geschichte sowohl für den gesamten asiatischen Raum bis hin nach China und Indien gebraucht als auch für den orientalischen Kulturkreis, in dem sich viele frühe Hochkulturen des Altertums befanden, nämlich die Länder Nordafrikas (vor allem Ägypten, aber auch Libyen, Tunesien, Algerien, Marokko), der arabischen Halbinsel (Saudi-Arabien, Oman, Jemen, arabische Kleinstaaten) sowie Kleinasiens (Türkei) und Vorderasiens (Irak, Iran, Afghanistan).

Gründung der Orientgesellschaft

Am 26. März 1899 startete die Erforschung von Babylon unter der Leitung des Architekten Robert Koldewey. Er machte dort gleich eine Reihe sensationeller Funde: Er grub die Paläste des Königs Nebukadnezar aus, stieß auf die Fundamente des Turms zu Babel, von dem das Alte Testament berichtet und fand eines der sieben Weltwunder der Antike die hängenden Gärten der Semiramis.

Weiterhin grub er die Prozessionsstraße von Babylon mit dem Ischtar-Tor aus, die bis heute im Berliner Pergamonmuseum zu besichtigen sind.

Koldeweys Ausgrabungs-Methode gilt als sehr zuverlässig. Ihm war es wichtig, nicht nur die Fundstücke sorgfältig zu sichern sondern auch deren Fundorte genauestens zu dokumentieren. Auf diese Weise erhielt man Aufschluss über die verschiedenen Grabungsschichten und damit über die Geschichte und Entwicklung Babylons.

Was war so faszinierend an Babylon?

Babylon war eine der bedeutendsten Städte der Antike. Im Alten Testament der Bibel wird sie häufig erwähnt. Bereits im ersten Buch der Bibel ist vom Turmbau zu Babel die Rede. Der sagenumwobene Bau sollte bis in den Himmel reichen. Daraufhin verwirrte Gott die Sprache der Babylonier, sodass sie sich gegenseitig nicht mehr verstehen und daher den Turms nicht fertigstellen konnten. Tatsächlich gab es in Babylon zur Zeit der Entstehung des ersten Buches Mose einen Turm, der damals eines der höchsten Bauwerke der Welt war.

Erste Schrift

Eine Sprachverwirrung kann man zwar geschichtswissenschaftlich nicht nachweisen, allerdings stammt die ersten nachweisbare Schrift, die Menschen erfunden haben vom Urvolk Babylons, den Sumerern: die Keilschrift. Außerdem was Babylon wahrscheinlich die erste "Großstadt" der Welt mit über 200.000 Einwohnern. Dort entwickelte sich zudem eine der ersten Gesetzessammlungen.

Eine weitere Begebenheit sorgt zusätzlich für die Faszination dieser alten Stadt im Zweistromland. Um 600 vor Christus herrschte hier König Nebukadnezar II., der Jerusalem einnahm und einen Teil der Israeliten nach Babylon ins Exil verschleppte. Auch darüber berichtet die Bibel in sehr düsteren Farben. Im Alten wie im Neuen Testament wird Babylon seit dieser Zeit als sündiger Ort dargestellt, als Sinnbild für eine gottesfeindliche Macht. Das jüdische Gottesbild entstand unter anderem durch die Abgrenzung von den Gottheiten der Babylonier.

 

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