Neue Bibliothek von Alexandria
Am 16. Oktober 2002 wurde in Ägypten die neue Bibliothek von Alexandria eröffnet. Sie wurde in Anlehnung an die vor 2000 Jahren errichtete, antike Alexandrinische Bibliothek im ägyptischen Alexandria gebaut. In jener Bibliothek wurde das gesamte Wissen der damaligen Zeit in Form von Schriftrollen aufbewahrt. Leider ist sie bei Kriegen größtenteils zerstört worden.
Die Alexandrinische Bibliothek war die berühmteste Bibliothek der Antike. Sie befand sich im ägyptischen Alexandria damals Hauptstadt des Ptolemäerreiches nahe der Mündung des Nils. Vor ihrer Zerstörung hatte die Bibliothek, nach Angaben des mittelalterlichen Gelehrten Johannes Tzetzes (ca. 1110-1180), einen Buchbestand von ungefähr 490.000 Rollen. Das entspricht etwa 80.000 bis 100.000 modernen Bänden mittleren Umfangs. Jedoch gibt es zum Bücherbestand unterschiedliche Angaben.Athen als Vorbild
Die Bibliothek war Bestandteil der dazugehörigen Universität, des Museion. Der damalige König Ptolemaios I. Soter (305-283 vor Christus, siehe Bild) hatte diese nach dem Vorbild der Philosophenschulen in Athen eingerichtet. Die Leitung der Bibliothek wurde bedeutenden Gelehrten und Literaten anvertraut, die auch am Museion unterrichteten. Der erste Leiter und bedeutende Mitgründer der Bibliothek war Demetrios von Phaleron, ein Freund und Schüler Aristoteles´. Er fiel jedoch beim Nachfolger von Ptolemaios I., Ptolemaios II., in Ungnade und wurde verbannt, da er sich durch politische Schriften verdächtig machte. Es folgten in den kommenden Jahrzehnten acht weitere Leiter.
Am Museion wurde auf allen Wissensgebieten der antiken Welt geforscht und anschließend zahlreiche Schriftrollen erstellt und in der Bibliothek aufbewahrt. Am intensivsten beschäftigten sich die Gelehrten mit der Mathematik, Zoologie, Botanik, Physik, Astronomie, Medizin und besonders mit der Literatur.
Wissen um jeden Preis
Das Sammelgebiet der Bibliothek umfasste die Literatur aller Völker und Zeiten. Fremdsprachige Literatur wurde ins Griechische übersetzt. Damalige berühmte Schriftsteller und Philosophen liehen der Bibliothek ihre Schriften gegen ein Pfand von 15 Silbertalenten das entsprach ungefähr 400 kg Silber zur Abschrift. Jedoch behielt die Bibliothek die Originale und gab nur die Kopien zurück. Dabei verzichtete sie auf die Rückgabe des Geldes. Auch wurden Schiffe im Hafen von Alexandria nach interessanten Büchern durchsucht und den Besitzern ebenfalls nur die Abschrift wiedergegeben.
Archiv der Weltliteratur
Die Gelehrten, die sich um die Vervollständigung der Schriften kümmerten, wurden vom König ernannt, hatten keine Steuern zu zahlen und durften kostenlos im Museion leben. Dafür hatten sie eine anspruchsvolle Aufgabe: Zur Vervollständigung der damaligen Weltliteratur mussten sie die zahlreichen überlieferten Texte prüfen, aussortieren und der jeweiligen Epoche zuordnen. Dabei war wichtig, woher die Schriften stammten, um verschiedene Handschriften gleicher Texte unterscheiden zu können.
Fatale Folgen eines Brandes
Über das Ende der Bibliothek existieren mehrere Versionen. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist sie 272 nach Christus, also vor 1735 Jahren, den Flammen zum Opfer gefallen. Damals wurde bei Kämpfen zwischen dem Kaiser Aurelian und Zenobia der Herrscherin von Palmyra (heute Syrien) das Palastviertel in Alexandria und damit zwangsläufig auch die Bibliothek zerstört.
Die Bibliothek von Alexandria umfasste das gesamte Wissen der Antike. Durch ihre Zerstörung ging ein bedeutender Schatz antiken Wissens für immer verloren. Im Jahr 1989 schrieb der ägyptische Staat einen Architekturwettbewerb für die Gestaltung einer neuen, großen Bibliothek von Alexandria aus. Von 650 Architektenteams gewann eine kleine norwegische Firma namens Snøhetta, den Wettbewerb.
Die neue Bibliotheca Alexandrina
Die neue Bibliothek wurde für maximal 8 Millionen Bücher ausgelegt, 2004 waren bereits 200.000 Bücher vorhanden. Außerdem befindet sich in der Bibliothek von Alexandria eine Sicherungskopie der Daten des Internetarchivs, welches Momentaufnahmen vieler Websites seit 1996 erstellt. So wird verhindert, dass wichtige Informationen verloren gehen. Das Archiv hat eine geschätzte Größe von drei Petabyte (PB). Das sind drei Milliarden Megabyte (MB). Zum Vergleich: 1 MB einer MP3-Datei entspricht etwa einer Minute Musik. Drei PB entsprechen drei Milliarden MB, also drei Milliarden Minuten Musik - das sind 5707 Jahre Musik!
Text: Luisa Blendinger 10.10.2007 Bilder: PD, Neue Bibliotheca Alexandrina, Altes ägyptisches Papyrus: Hajor; Papyrusausschnitt: Shizhao; Heutiges Alexandria, Bibliothek Hinterseite: Nomo; Celsus-Bibliothek in Ephesos: Vanessal
Hinweis: Im Archiv wurden alle Bilder und Links entfernt