Gustaf Gründgens: Mephisto war die Rolle seines Lebens

Als Mephisto ging Gustaf Gründgens in die deutsche Theatergeschichte ein. Kaum ein Schauspieler des 20. Jahrhunderts ist mit immer derselben Rolle in Verbindung gebracht worden wie der aus dem Rheinland stammende Mime. Er verkörperte den Teufel aus Goethes Faust fast 30 Jahre lang mit großer Leidenschaft. Politisch ist er wegen seiner Nähe zu den Nazis aber nicht unumstritten.

Seine ersten Erfahrungen auf der Bühne sammelte der am 22. Dezember 1899 geborene Industriellensohn als Kriegsfreiwilliger im Fronttheater. Ab 1919 will er die Sache professionell angehen und nimmt Unterricht am Düsseldorfer Schauspielhaus. Bereits als junger Mann war Gründgens entschlossen, sich einen Namen zu machen. Mit 18 Jahren schrieb er eine Postkarte an einen Freund und wies ihn an, das Schriftstück aufzubewahren, weil sie einmal wertvoll sein würde, wenn er berühmt wäre.

Als Schurke brillant

1923 ging Gründgens an die Kammerspiele in Hamburg und war dort bis 1928 in mehr als siebzig Rollen zu sehen. Der junge Schauspieler hätte es sich wohl gewünscht den Helden oder den jugendlichen Liebhaber zu geben. Er wurde jedoch bevorzugt dazu ausgewählt, Schurken, Erpresser, Hochstapler oder psychisch labile Personen zu spielen. Und das tat er wohl ganz ausgezeichnet.

Der Teufel als Traumrolle

Gustaf Gründgens war unglaublich ergeizig und wollte um jeden Preis Karriere machen. Seine große Chance kam, als ihn Deutschlands berühmtester Regisseur Max Reinhardt einlud, nach Berlin zu kommen und in seinem Ensemble mitzuwirken. Unter Reinhardts Regie hatte er 1932 erstmals Gelegenheit, die Rolle seines Lebens zu spielen: Mephisto. Der Part war ihm auf den Leib geschneidert. Bis heute, so glauben viele Fachleute, hat kein zweiter Schauspieler den Teufel in Goethes "Faust" so genial verkörpert. Auch als Gründgens längst selbst Regie führte, gab er weiter den gewitzten Höllenfürst - und tourte damit bis 1961 um die Welt, von Moskau bis New York.

Eine Karriere im Dritten Reich

Bereits Mitte der 20er Jahre hatte sich der Schauspieler in bekannten Künstler- und Intellektuellenkreisen bewegt. 1926 heiratete er Erika Mann, die älteste Tochter des berühmten Schriftstellers Thomas Mann. Die Ehe wurde jedoch schon drei Jahre später geschieden. Auch die herzliche Freundschaft zu Erikas Bruder Klaus zerbrach. Während sich Klaus Mann im Widerstand engagierte, diente sich Gründgens im Dritten Reich zum Staatsschauspieler und Intendanten des Preußischen Staatstheaters hoch, wird 1936 sogar Staatsrat ernannt und ist von 1937 bis 45 Generalintendant.

Romanfigur bei Klaus Mann

Klaus Mann verarbeitete seine Enttäuschung über Gustaf Gründgens in seinem ersten Roman "Mephisto". Er erzählt darin die Geschichte des ehrgeizigen und begabten Schauspielers Hendrik Höfgen, der während der Hitler-Diktatur Karriere macht. Obwohl Klaus Mann Zeit seines Lebens geleugnet hat, dass es sich bei der Figur um Gründgens handelt, sind die Parallelen zu seinem Ex-Schwager doch unverkennbar. Gründgens` Adoptivsohn sorgte dafür, dass das Buch jahrzehntelang unveröffentlicht blieb. Erst 1980 kam eine Taschenbuchausgabe auf den Markt.

Ein Leben für das Theater

Nach dem Krieg verbrachte Gustaf Gründgens neun Monate in einem russischen Internierungslager. Im Verfahren der "Entnazifizierung" wird er jedoch von zahlreichen Künstlern entlastet und auf freien Fuß gesetzt. Gründgens liebt das Theater und ist davon besessen, dem Publikum auch weiterhin Kunstgenuss auf hohem Niveau zu bereiten. 1947 wird er Generalintendant am Düsseldorfer Schauspielhaus, 1955 schließlich in Hamburg. Er inszeniert mit Vorliebe deutsche Klassiker, bringt aber auch moderne, zeitgenössische Stücke auf die Bühne.

"Faust" als Film

1960 krönt Gustaf Gründgens seine langjährige Theaterkarriere mit einem Film. Darin bannt er eine berühmte Faust-Inszenierung und sich selbst in der Rolle des Mephisto für die Nachwelt auf Zelluloid. Er stirbt 1963 während einer Weltreise in Manila.

21.12.2004 / Abbildung: Buchcover von Peter Michalzik: Gustaf Gründgens -Der Schauspieler und die Macht, List Verlag

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