Die Angeklagten im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess

Am Ende dieser Seite sind die Anklagepunkte noch mal aufgelistet, deshalb sind in den Kurzbiografien nur Ziffern angegeben, damit die Texte nicht zu lang werden.

Martin Bormann: Der Landwirt war seit 1933 Stabsleiter bei Rudolf Heß und während des 2. Weltkrieges engster Mitarbeiter Hitlers im Führerhauptquartier. Sein Schicksal bei Kriegsende ist ungewiss. Nach letzten Erkenntnissen ist er in Berlin umgekommen. Angeklagt wegen 1, 3 und 4. Verurteilt wegen 3 und 4 zum Tod. Ihm wurde die Mitverantwortung an allen Maßnahmen Hitlers seit 1941 angelastet.

Karl Dönitz: Der Großadmiral bildete nach Hitlers Tod am 2. 5. 1945 eine "Geschäftsführende Reichsregierung ". Angeklagt wegen 1, 2, und 3. Verurteilt wegen 2 und 3 zu 10 Jahren Haft wegen Mitwirkung bei Angriffshandlungen und der Kenntnis, des Erlasses und der Weitergabe verbrecherischer Befehle. Entlassen 1956. Gestorben 1980.

Hans Frank: Der Rechtsanwalt war seit 1939 Generalgouverneur in Polen. Angeklagt wegen 1, 3 und 4. Verurteilt wegen 3 und 4 zum Tode wegen seiner Gewaltherrschaft in Polen, die zwangsweise Verschleppung von Polen zur Arbeit nach Deutschland und die Mitwirkung an der planmäßigen Ermordung von Juden.

Wilhelm Frick: Der Reichsinnenminister wurde wegen 1, 2, 3 und 4 angeklagt. Verurteilt wegen 2, 3 und 4 zum Tod als Verantwortlicher für gewalttätige Besatzungspolitik, Judenverfolgung und Euthanasie.

Hans Fritzsche: Der Journalist war seit Mai 1933 Leiter des Nachrichtenwesens in der Presseabteilung des Propagandaministeriums. Er stand als Ersatzangeklagter vor dem Tribunal (an Stelle von Josef Goebbels, der Selbstmord begangen hatte). Angeklagt wegen 1, 3 und 4. Freigesprochen. Im Entnazifizierungsverfahren später zu 9 Jahren Arbeitslager verurteilt. Entlassen im Herbst 1950. Gestorben 1953.

Walter Funk: Ein Wirtschaftsjournalist, der Reichswirtschaftsminister und ab 1939 Präsident der Deutschen Reichsbank geworden war. Angeklagt wegen 1, 2, 3 und 4. Verurteilt wegen 2, 3 und 4 zu lebenslanger Haft (verantwortlich für Angriffsvorbereitungen und ausbeuterische Besatzungspolitik). 1957 wegen Krankheit entlassen. Gestorben 1960.

Hermann Göring: Er schuf als preußischer Innenminister das "Geheime Staatspolizeiamt", das sich später zur Geheimen Staatspolizei (Gestapo) entwickelte. Ab 1936 mobilisierte er die Wirtschaftskräfte des Reiches für die Wiederaufrüstung. Angeklagt und verurteilt wegen aller vier Punkte zum Tod als Mitverantwortlicher für Angriffskriege, Judenverfolgung und Zwangsarbeit. Beging vor der Vollstreckung des Urteils Selbstmord.

Rudolf Heß: Seit 1933 war er Stellvertreter des Führers in der NSDAP. Am 10. Mai 1941 flog er in nicht geklärter Mission nach Schottland und wurde dort interniert. Angeklagt wegen 1, 2, 3 und 4. Verurteilt wegen 1 und 2 zu lebenslanger Haft (mitverantwortlich als Stellvertreter Hitlers in der NSDAP an Hitlers Kriegspolitik bis 1941).

Alfred Jodl: Generaloberst, Chef des Wehrmachtführungsamtes und Berater Hitlers in strategischen und operativen Angelegenheiten. Angeklagt und verurteilt wegen aller vier Punkte zum Tod als Mitverantwortlicher für die Planung und Durchführung von Angriffskriegen sowie für den Erlass von rechtswidrigen Befehlen gegen Kriegsgegner und gegen die Zivilbevölkerung in den besetzten Gebieten.

Ernst Kaltenbrunner: Der Rechtsanwalt war Chef der Sicherheitspolizei und des Reichssicherheitshauptamtes. Angeklagt wegen 1, 3 und 4. Verurteilt wegen 3 und 4 zum Tod als Verantwortlicher für die Liquidierung politischer Gegner und für die Ermordung von Juden.

Wilhelm Keitel: Chef des Oberkommandos der Wehrmacht. Angeklagt und verurteilt wegen aller vier Punkte zum Tod als Mitverantwortlicher für die Planung und Durchführung von Angriffskriegen und den Erlaß von rechtswidrigen Befehlen gegen Kriegsgegner und gegen die Zivilbevölkerung in den besetzten Gebieten.

Gustav Krupp von Bohlen und Halbach: Angeklagt als Repräsentant der deutschen Schwer- und Rüstungsindustrie wegen 1, 2, 3 und 4. Im Hinblick auf eine durch einen Verkehrsunfall im Jahre 1944 verursachte Verhandlungsunfähigkeit wurde das Verfahren gegen ihn im November 1945 eingestellt. Gestorben 1950. Der sog. Krupp-Prozeß fand 1948 vor einem US-Militärgericht in Nürnberg statt. Sein Sohn Alfried wurde zu 12 Jahren Haft und zur Einziehung des Gesamtvermögens verurteilt.

Robert Ley: Er beseitigte 1933 die freien Gewerkschaften und führte seither die Deutsche Arbeitsfront. Angeklagt wegen aller vier Punkte. Beging im Nürnberger Gefängnis am 26.10.1945 Selbstmord.

Konstantin von Neurath: Der Diplomat war von März 1939 bis 1943 (ab 1941 beurlaubt) Reichsprotektor von Böhmen und Mähren. Angeklagt und verurteilt wegen aller vier Punkte zu 15 Jahren Haft als Mitverantwortlicher für Hitlers Aggressionspolitik und für die Besatzungspolitik in der "Resttschechei". 1954 wegen Krankheit entlassen. Gestorben 1956.

Franz von Papen: Vizekanzler im ersten Kabinett Hitlers 1933. Später Botschafter in Wien und Ankara. Angeklagt wegen 1 und 2. Freigesprochen. Im Entnazifizierungsverfahren zu 8 Jahren Arbeitslager verurteilt. 1949 entlassen. Gestorben 1969.

Erich Raeder: Seit 1943 Oberbefehlshaber der Kriegsmarine. Angeklagt und verurteilt wegen 1, 2 und 3 als Mitverantwortlicher für die Planung und Führung von Angriffskriegen und für den Erlass und die Weitergabe verbrecherischer Befehle. 1955 wegen Krankheit entlassen. Gestorben 1960.

Joachim von Ribbentrop: Von 1938-1945 Reichsaußenminister. Angeklagt und zum Tod verurteilt wegen aller vier Punkte als Mitverantwortlicher für Hitlers Aggressionspolitik, für Judenverfolgung und die Ermordung von Kriegsgefangenen und Zivilisten.

Alfred Rosenberg: Seit 1941 Reichsminister für die besetzten Ostgebiete. Angeklagt und verurteilt in allen vier Punkten zum Tod wegen der blutigen NS-Besatzungspolitik in Osteuropa.

Fritz Sauckel: Seit 1942 Generalbevollmächtigter Hitlers "für den Arbeitseinsatz" und damit verantwortlich für die Zwangsarbeit von über 7 Millionen Männern und Frauen aus allen besetzten Gebieten Europas in Deutschland. Angeklagt wegen aller vier Punkte. Verurteilt wegen 3 und 4 zum Tod als Verantwortlicher für Verschleppung und Zwangsarbeit.

Horace Greely Hjalmar Schacht: Bankier. Präsident der Reichsbank und Wirtschaftsminister. Seit 1944 im KZ Flossenbürg. Angeklagt wegen 1 und 2. Freigesprochen. Von deutschen Behörden inhaftiert bis 1948. Gestorben 1970.

Baldur von Schirach: Reichsjugendführer und ab 1940 Gauleiter von Wien. Angeklagt wegen 1 und 4. Verurteilt wegen 4 zu 20 Jahren Haft als Mitverantwortlicher für die Jugendverfolgung in der Ostmark. 1966 entlassen. Gestorben 1974.

Arthur Seyß-Inquart: 1940 bis 1945 "Reichskommissar für die besetzten niederländischen Gebiete". Angeklagt wegen aller vier Punkte. Verurteilt wegen 2, 3 und 4 zum Tod als Verantwortlicher für die grausame Besatzungspolitik und die Judenverfolgung in den Niederlanden.

Albert Speer: Der Architekt war seit 1939 Generalbauinspekteur für Berlin, 1942 bis 1945 dann Reichsminister für Bewaffnung und Munition. Angeklagt wegen aller vier Punkte. Verurteilt wegen 3 und 4 zu 20 Jahren Haft als Mitverantwortlicher für den rechtswidrigen Arbeitseinsatz von Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen. 1966 entlassen. Gestorben 1981.

Julius Streicher: Von Beruf Volksschullehrer, gründete er 1923 das Wochenblatt "Der Stürmer", dessen Eigentümer und Herausgeber er bis 1945 blieb. Angeklagt wegen 1 und 4. Verurteilt wegen 4 zum Tod als Verantwortlicher für die durch sein hetzerisches Schreiben verursachte Pogromstimmung und die Judenverfolgungen.

Anklagepunkte

Den Hauptkriegsverbrechern wurden die folgenden Verbrechen vorgeworfen:

1. Verschwörung gegen den Weltfrieden

2. Planung, Entfesselung und Durchführung eines Angriffskrieges

3. Verbrechen und Verstöße gegen das Kriegsrecht

4. Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Auf der Seite der Nürnberger Justiz findest du weitere Informationen, z. B. auch die Geburtsdaten der Angeklagten.

Bildquellen:

Bundesarchiv (cc): Bormann; Frank; Heß; Jodl; Keitel; Krupp; Ley; v. Papen; Rosenberg (Heinrich Hoffmann); Schacht; Seiß-Inquart; Speer (binder).

Wikipedia (pd): Dönitz, Raeder (beide IWM); Frick, Fritzsche, Funk, Kaltenbrunner, v. Neurath, Streicher (alle Charles Alexander/Office of US Chief of Counsel); Göring, v. Ribbentrop, Sauckel, v. Schirach (alle USHMM Photo Archieves); Vorschau (US Gov)

Hinweis: Im Archiv wurden alle Bilder und Links entfernt